In den sozialen Medien wurden auch von offizieller Seite Aussagen zur Thematik Kindergartensituation und Kindergartenstandort getätigt, die einer genaueren Überprüfung bedürfen. Wir möchten die unterschiedlichen Aussagen in der Form eines Faktenchecks betrachten und Licht ins Dunkel bringen.
Behauptung: Die aktuelle Notlage bei Betreuungsplätzen war kaum vorhersehbar.
In Hülzweiler werden bereits seit Jahren zusätzliche Kindergartenkapazitäten benötigt. Schon 2017/18 wurden Notgruppen in der Hülzweiler Kita eingerichtet, die dann nach Schwalbach in die neue Kita Alberoschule I umziehen mussten. Bereits seit dieser Zeit muss eine große Zahl Hülzweiler Kinder wegen strukturell bedingter Unterkapazität notgedrungen in Schwalbacher Kindergärten untergebracht werden.
Das Problem ist schon seit Jahren bekannt. Kindergartenkinder gehen mit drei Jahren in den Kindergarten. Eine Prognose drei Jahre in die Zukunft ist daher problemlos möglich und wurde von uns auch gemacht (siehe Artikel). Von einer überraschenden Entwicklung bei dem Bedarf an Kindergartenplätzen kann also bei einem Prognosezeitraum von drei Jahren nicht gesprochen werden. 2020 hat auch die Verwaltung gemerkt, dass Kindergartenplätze und Krippenplätze fehlen. Man hat daher vorgeschlagen, das Projekt Alberoschule II ins Leben zu rufen. Es sollen damit 3 Gruppen für insgesamt 75 Kindergartenkinder im Ortsteil Schwalbach entstehen. Die Krippenplätze hat man einfach vergessen. Wir haben zahlreiche Anträge gestellt, lieber nach Möglichkeiten zu suchen in Hülzweiler einen Neubau zu erstellen und damit die Versorgungslücke in Hülzweiler zu schließen, statt den Umbau Alberoschule II umzusetzen. Die Anträge wurden allesamt sowohl vom Ortsrat Hülzweiler als auch vom Gemeinderat abgelehnt. Hätte man 2020 mit den Planungen und Bau einer 7-gruppigen Einrichtung in Hülzweiler begonnen, würde heute bereits ein Kindergarten in Hülzweiler stehen und wir hätten die Probleme nicht und müssten Eltern keine Betreuungsplätze in Wadgassen anbieten. Nimmt man die Kosten für Albero II die aus dem Ruder laufen (mittlerweile 3,1 statt der ursprünglich verlautbarten 2,1 Millionen) und die Kosten für die Bauwägen (400.000 € Haushaltsansatz), die am Hülzweiler Kindergarten aufgestellt werden um eine weitere Notgruppe unterzubringen, hätte man 3,5 Mio. Euro in einen Neubau in Hülzweiler investieren können.
Das Problem fehlender Kindergartenplätze in Hülzweiler ist seit 2017 bekannt. Prognosen für den Bedarf an Kindergartenplätzen sind 3 Jahre im Voraus möglich. Die aktuelle Situation fehlender Krippenplätze ist den Ratsmitgliedern seit anderthalb Jahren bekannt, der Verwaltung vermutlich länger. Im Ergebnis war die Situation daher ab- und vorhersehbar. Durch rechtzeitigen Bau eines ausreichend großen Kindergartens hätte man die Situation vermeiden können.
Ergebnis des Faktenchecks: unwahr
Behauptung: Aus verschiedenen Standorten hat sich der Standort am Schachen als Favorit herauskristallisiert.
Von der Verwaltung wurde nur ein Standort vorgeschlagen. Dabei handelt es sich um den besagten Standort am Schachen in direkter Nachbarschaft der 110kV-Hochspannungsleitung. Auf das Problem der Hochspannungsleitung wurde von uns bereits in der entsprechenden Ausschusssitzung hingewiesen. Die Verwaltung hielt dennoch an dem besagten Standort fest.
Der Ortsrat Hülzweiler hat auf unseren Antrag hin einstimmig beschlossen, alternative Standorte zu prüfen. Mehrere Vorschläge seitens des Ortsrates wurden gemacht, darunter der Standort Marktplatz.
Da wegen der Notlage schnell gebaut werden muss, ist ein Grundstück mit vorhandenem Baurecht besonders geeignet. Dies trifft mit Einschränkungen für das Grundstück am Schachen zu, dies trifft voll zu für das Grundstück des ehemaligen Kindergartens am Marktplatz. Die Erschließungssituation für Gas, Wasser, Strom, Kanal scheint für Beide gegeben. Für das Grundstück am Schachen stellt sich noch die Frage der sicheren auch fußläufigen Anbindung. Das Kita soll über den Walter-Becker-Weg erreichbar sein. Hierzu muss die Straße auch mit einem Fußweg ausgebaut werden, was mit Kosten verbunden ist.
Ein Herauskristallisieren des Standortes am Schachen als bester Standort kann so nicht bestätigt werden. Der Ortsrat war bei diesem angeblichen Entscheidungsprozess auch gar nicht beteiligt. Es ist eher so, dass die Verwaltung einfach an ihrem ursprünglichen Vorschlag festhält.
Ergebnis des Faktenchecks: unwahr
Behauptung: Das Grundstück am Marktplatz gehört nicht der Gemeinde.
Das Grundstück steht im Eigentum der Kirchengemeinde und ist an einen privaten Investor, den Schwesternverband gGmbH, verpachtet.
Ergebnis des Faktenchecks: wahr
Behauptung: Der frühere Kindergartenstandort am Marktplatz ist keine Alternative.
Aktuell ist dieses Grundstück Teil des Bebauungsplanes Hangstraße. Es handelt sich um eine Gemeinbedarfsfläche mit der spezifischen Nutzung „Kindergarten“. Dort herrscht momentan also Baurecht für den Bau eines Kindergartens.
Der Investor kann nur dann bauen, wenn der Ortsrat Hülzweiler und der Gemeinderat Schwalbach einer Änderung des Bebauungsplans zustimmen. Dies bietet die Möglichkeit einer einvernehmlichen Lösung zur Übernahme der Grundstücke durch die Gemeinde. In städtebaulichen Fragen hat allein die Gemeinde die Planungshoheit.
Die Absage des Verbandes nach intensiver Prüfung kann nicht bestätigt werden. Vielmehr wurde ein Antrag unsererseits, einen Termin mit Vertretern des Investors, der Verwaltung, der Kirchengemeinde und der Fraktionen, um die Möglichkeiten einer Übernahme der Pachtverträge zu diskutieren abgelehnt. Es wurden also keine konkreten Gespräche geführt, die Bedingungen für eine Übernahme der Grundstücke durch die Gemeinde auszuloten.
Ergebnis des Faktenchecks: unwahr
Behauptung: Am Marktplatz soll ein Projekt des betreuten Wohnens für ältere Bürgerinnen und Bürger umgesetzt werden.
Der Pächter betreibt derzeit ein vorhabenbezogenes Bebauungsplanverfahren für ein Gebäude mit Mietwohnungen im Service-Wohnen.
Betreutes Wohnen wird dort nicht angeboten. Bei Service-Wohnen handelt sich um Mietwohnungen in denen man zusätzliche Service-Leistungen gegen gesonderte Bezahlung hinzubuchen kann, wie beispielsweise einen ambulanten Pflegedienst aus dem benachbarten Ortsteil. Im Prinzip also das, was jeder in den eigenen vier Wänden auch haben kann. Von einem betreuten Wohnen spricht der Schwesternverband selbst nicht. Sofern sich also daran nichts geändert hat, und davon ist derzeit auszugehen, handelt es sich lediglich um Mietwohnungen. Ähnliche Projekte des Anbieters liegen mit zweistelligen Quadratmeterpreisen Kaltmiete im obersten Preissegment.
Betreutes Wohnen wie von der breiten Bevölkerung verstanden, wird an dem Standort also nicht angeboten.
Ergebnis des Faktenchecks: unwahr
Behauptung: Das Landesamt für Umwelt und Arbeitsschutz hat die Unbedenklichkeit des Standorts am Schachen neben der Hochspannungsleitung schriftlich der Gemeinde bestätigt.
Zum Thema Leukämieerkrankungen von Kindern unter der Einwirkung von Hochspannungsleitungen wurde eine Literaturrecherche durchgeführt (hier finden Sie den Artikel). Im Ergebnis lässt sich eine Gefährdung der Kinder nicht sicher ausschließen.
Dass das Landesamt für Umwelt und Arbeitsschutz die „Unbedenklichkeit“ erklärt haben soll, ist unwahr. Die Stellungnahme liegt uns vor. Das LUA gibt an „keine konkrete Aussage zu den neuesten wissenschaftlichen Erkenntnissen der Auswirkungen von EMF auf mögliche Leukämieerkrankungen von Kindern treffen“ zu können. Man habe sich lediglich an die „geltende gesetzliche Grundlage der 26. BImSchV – Verordnung über elektromagnetische Felder“ gehalten. „Die in dieser VO festgesetzten Grenzwerte stellen auf die Vorsorge von Gesundheitsgefahren nach den zum Zeitpunkt des Erlasses der VO vorliegenden medizinischen Erkenntnisstand ab.
Man weist zusätzlich darauf hin, „dass der Kenntnisstand zu umweltbedingten Risikofaktoren für Leukämien im Kindesalter nicht abschließend erforscht“ sei. Dies „beweist die intensive Erforschung der Ursachen für Leukämien im Kindesalter auch im Rahmen des Forschungsprogramms „Strahlenschutz beim Stromnetzausbau“ durch das BfS.“
Eine Bescheinigung der Unbedenklichkeit sieht anders aus.
Ergebnis des Faktenchecks: unwahr
Behauptung: Wir brauchen in Hülzweiler Beides, sowohl betreutes Wohnen als auch eine neue Kita.
Dass wir eine neue Kita benötigen steht außer Frage. Was Hülzweiler in Bezug auf die Ältesten benötigt sind vor allem ausreichend Pflegeplätze. Optimaler Weise in Verbindung mit Plätzen für betreutes Wohnen in einer Einheit, in der die Bewohner auch von den Leistungen eines Pflegeheimes profitieren können und in der Form, dass rund um die Uhr ein Ansprechpartner zur Verfügung steht. Aus diesem Grund sollte das nächste anstehende Neubaugebiet auch die Umsetzung des Baus eines Pflegeheimes zur Voraussetzung haben, damit wir den Bedarfen der Zukunft Rechnung tragen können. Mit der Standortentscheidung für den kommenden Kindergarten in Hülzweiler hat dies jedoch nichts zu tun.
Ergebnis des Faktenchecks: wahr